the rasquache peripheries

“Wer war Albert Norden?”, Station Urbaner Kulturen, nGbK Berlin, kuratiert von Ina Wudtke 2015
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the rasquache peripheries is a video channel to be published during the exhibition “Who was Alfred Norden?“. The clips and tracks of the channel articulate the political geography of a generic “ non-identitarian“ urban periphery. They explore the diagrammatics and postdigital representations of the housing complex of Hellersdorf (Berlin) and subway station Kaulsdorf-Nord.
Forms, tensions and affects of naming, searching, locating, activating, selecting, of bringing to for-, middle-and background re-assemble these clips.


the rasquache peripheries ist ein Videokanal, der im Kontext der Ausstellung “Wer war Alfred Norden?“* erstellt wird. Die darin publizierten Beiträge/clips und tracks thematisieren die politische Geographie einer generischen, „nicht-identitären“ urbanen Peripherie. Sie verhandeln die Diagrammatiken und postdigitalen Repräsentationen der Grosswohnsiedlung Hellersdorf (Berlin) und des U-Bahnhofs Kaulsdorf-Nord.

Es wird visuelles und akustisches Material verwendet, welches über Archive, Datenbanken, Kartographien und Suchlisten des Internets verfügbar ist. Es sind erfasste, vermessene und simulierte Datensätze und Informationen, die weitgehend auch als  Basis für urbane und stadt-planerische Prozesse eingesetzt werden. Taktiken der elektronischen Musik werden auf dieses digitale Zeichenmaterial angewendet: Sie wiederholen, verdichten und beschleunigen die digitalen Materialitäten ins Undurchschaubare, Opake – quasi in einen ornamentalen Dokumentarismus. Formen, Spannungen und Affekte des Benennens, des Suchen und Findens, des Aktivierens, des Auswählens, des In-den-Vorder/Hinter/Mittelgrund-bringens von Bildern, Karten, Simulationen, Tönen, Vorträgen, Kommentaren assemblieren diese Clips.

In der DDR wurden die Siedlungen in Marzahn-Hellersdorf als Vorzeige-Plattenbaukomplexe realisiert und das Wohnen darin als gelebte politische Überzeugung verstanden. Heute stehen solche Baukörper, da die Funktionstrennungen von Stadt in Schlafen, Arbeiten und Erholung obsolet sind, für Isolierung und Anonymisierung der Bewohner. Kommunale Wohnbaupolitik versucht mit Instandsetzungen, Rückbaumassnahmen und Städtebau-förderungen wie “die Soziale Stadt“ der massiven Abwanderung (shringking cities) entgegenzuwirken.

Die Beiträge des Videochannels untersuchen mit verschiedenen Fragestellungen die normativen Qualitäten dieser Ränder der Grossmetropole Berlin:
Wie gestalten Architekten und Stadtplanern durch den Wohnungsbau und dem damit verbundenen „name-space“  eine kommunale Gesellschaft? Was bedeutet es, wenn die Gebäude-Topologie einer Grossiedlung wie Hellersdorf-Marzahn nur aus einer vertikalen, kartographischen Distanz als erkennbare Struktur erfassbar ist? Wer wird in der Peripherie wie repräsentiert? Warum wurde 1984 die Cecilienstrasse (Cecilie von Mecklenburg-Schwerin, war zu Gründerzeiten Schwiegertochter des letzten deutschen Kaisers und spielte eine etwas unrühmliche Rolle in der NS-Zeit) in Albert Norden Strasse umbenannt, 1992 jedoch wieder in Cecilienstrasse zurückbenannt? Wie werden Rollenbilder und Identifikationsfiguren im  anonymen Raum einer Geschossbauwohnungssiedlung geprägt, performiert und wieder überschrieben? Welche gesellschaftlichen Leitbilder werden durch Strassennamen affirmiert, wenn in Hellersdorf der Grossteil der Strassennamen männlichen Einzelindividuen zuzordnen sind, die „Grosses“ in der „Kultur und in der Politik“ geleistet haben? Wie prägend ist dies für eine Gesellschaft, wenn dabei, über die unterschiedlichen gesellschaftlichen Perioden hinweg, der Anteil der Frauennamen konstant bei ca 5% liegt?

Der Titel verweist auf eine ambivalente lateinamerikanische Vorstadtkultur in US-amerikanischen Südstaaten, in der Bewohner mit (kitschigen) Aussendekorationen ihre  Wohnhäuser „individualisieren“ und damit präsent werden (I am here!), und sich damit aber auch als „zugehörig“ zu diffarmierten und diskriminierten Bevölkerungsgruppe markieren.